Suchthilfe
Dortmund startet neue Behandlung für schwerst abhängige Menschen: Diamorphin statt Methadon
Am 23. April hat Dortmund eine neue Therapie begonnen: dann bekam hier zum ersten Mal ein schwerst opiatabhängiger Mensch Diamorphin. Diamorphin ist pharmazeutisch hergestelltes Heroin – anders als Straßenheroin ist es sauber und konzentriert. Die neue Praxis, in der das Substitut verabreicht wird, bietet schwerst abhängigen Menschen eine wichtige Hilfe.
Die Substitution – das bezeichnet die Einnahme eines Ersatzstoffes – mit Diamorphin kann in Einzelfällen eine wirksamere Behandlungsform sein als die Substitution mit Methadon. Viele individuelle Faktoren spielen hier eine Rolle.
Diamorphin hilft oft besser als Methadon

Menschen, die Diamorphin bekommen, werden medizinisch und psychisch stabiler. Darum will Dortmund diese Behandlung anbieten.
„Diamorphin ist pharmazeutisch hergestelltes Heroin, das sich vom Straßenheroin dadurch unterscheidet, dass es hochkonzentriert in Reinform vorliegt“, erklärt Heike Rauser-Boldt, Ärztliche Leiterin des Medizinisch Sozialen Zentrums, der
„Studien zeigen“, so Rauser-Boldt weiter, „dass die Diamorphinbehandlung gegenüber der üblichen Methadonbehandlung hinsichtlich der medizinischen und psychischen Stabilisierung für einen Teil der Patient*innen deutliche Vorteile aufweisen kann.“
Heroin ist ein halbsynthetischer Stoff und gehört zu den illegalen Drogen mit extrem hohem Suchtpotenzial. Bei der Substitutionstherapie (grob gesagt der Einsatz von Drogenersatzstoffen in Verbindung mit Psycho- und Soziotherapie) wird häufig Methadon verwendet – ein künstlich hergestelltes Opioid. Diamorphin wiederum ist pharmazeutisch hergestelltes Heroin, das unter bestimmten Voraussetzungen Vorteile gegenüber Methadon hat.
Mehr Informationen finden Sie zum Beispiel auf der Seite des Beauftragten der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen unter
Neue Praxis für Diamorphin-Behandlung

Aufgrund der Vorteile, die Diamorphin unter bestimmten Voraussetzungen haben kann, hat der Rat der Stadt Dortmund das Gesundheitsamt in seiner Dezember-Sitzung 2022 mit der Gründung eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) zur diamorphingestützten Behandlung in der Rechtsform einer gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH) beauftragt.
Diese hat am 1. Dezember 2024 die Zulassung von der Kassenärztlichen Vereinigung (KVWL) mit einem Kassensitz erhalten. Die neue Praxis, die MSZ-MVZ Diamorphin-Dortmund gGmbH – MSZ steht für Medizinisch Soziales Zentrum, MVZ für Medizinisches Versorgungszentrum – in der Westhoffstraße 8-12 hilft Menschen, die sonst kaum Chancen haben.
Die Stadt Dortmund bietet nun eine wichtige Hilfe für schwerst abhängige Menschen an. So verbessert sich deren medizinische Versorgung. Die hausärztliche Versorgung in der Ambulanz in der Westhoffstraße startete am 17. Februar 2025.
Diamorphin wird nur unter Kontrolle in der Praxis gegeben. Vier Ärzt*innen und zehn medizinische Fachkräfte kümmern sich um die Patient*innen. Die Medikamente gibt es bis zu drei Mal am Tag. Das passiert an sieben Tagen in der Woche.
Strenge Voraussetzungen: Behandlung nur für bestimmte Patient*innen
Die Behandlung schwerstabhängiger Menschen ist an strenge Voraussetzungen in Bezug auf das Alter, die Dauer der Abhängigkeit und bisherige Therapieversuche geknüpft.
„Gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen des Suchthilfesystems gehen wir davon aus, dass die strengen Kriterien eine diamorphingestützte Behandlung für zirka 50 bis 70 Schwerstabhängige ermöglichen. Die Erlaubniserteilung für die Vergabe von Diamorphin ist durch die Bezirksregierung auf 80 Behandlungsplätze begrenzt und deckt damit den voraussichtlichen Bedarf für Dortmund“, ordnet der Leiter des Gesundheitsamtes Holger Keßling ein.
Sandra Heinsch, die Suchtkoordinatorin des Gesundheitsamtes, ergänzt: „Ich bin froh, dass wir in Dortmund für diese besonders vulnerable Zielgruppe von schwerstabhängigen Menschen fortan diesen bislang fehlenden Baustein im insgesamt sehr gut ausgebauten Suchthilfesystem anbieten können.“
Rechtsform gemeinnützige GmbH
Bei der MSZ-MVZ Diamorphin-Dortmund gGmbH handelt es sich um eine gemeinnützige Gesellschaft, an der die Stadt Dortmund als Gesellschafterin beteiligt ist. Weitere Gesellschafter sind die Mediziner Dr. Andreas Bellmunt und Dr. Thomas Fadgyas. Die Einrichtung ist eine hausärztliche Praxis mit suchtmedizinischer Ausrichtung, die zusätzlich zur Behandlung schwerst opiatabhängiger Menschen mit Diamorphin berechtigt ist.
Sven Scharfe von der Stabstelle Kommunalwirtschaft der Stadt Dortmund erläutert die gesellschaftsrechtliche Konstruktion der Ambulanz: „Durch die Wahl der Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH ist sichergestellt, dass das Portfolio der Praxis unter strenger Berücksichtigung der medizinischen Aufnahmekriterien zielgerichtet angeboten werden kann.“
Gute Zusammenarbeit in der Suchthilfe
Viele Helfer*innen aus der Drogenhilfe arbeiten zusammen. Sie sorgen dafür, dass die richtigen Menschen die Behandlung bekommen. Die neue Therapie ergänzt die anderen Hilfen in Dortmund.
Grundvoraussetzung für die Diamorphinsubstitution ist die leitliniengerechte – und damit sowohl fachlich angemessene als auch gesetzeskonforme - suchtspezifische Indikationsstellung unabhängig von wirtschaftlichen Interessen. Die Zuführung geeigneter Patient*innen erfolgt unter enger Beteiligung des Suchthilfesystems.
„Durch den Konsens innerhalb der Dortmunder Drogenhilfe und der hervorragenden Kooperationsstrukturen haben wir es gemeinsam geschafft, die Diamorphinbehandlung als Ergänzung zu den bestehenden Angeboten auf den Weg zu bringen“, lobt Michael Gierse, der Geschäftsführer der MSZ-MVZ Diamorphin-Dortmund gGmbH, die seit Jahren gute Zusammenarbeit unter allen Akteur*innen.
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