Internationales
Stadt Dortmund bot Kindern aus Schytomyr eine Auszeit vom Krieg in ihrer Heimat
16 Kinder aus der ukrainischen Partnerstadt folgten einer Einladung der Stadt und verbrachten eine Woche in Dortmund. Während ihres Aufenthalts vom 16. bis 23. Oktober nahmen sie an einem abwechslungsreichen Programm teil.
Die Gäste im Alter von zehn bis 16 Jahren und ihre Betreuer*innen haben eine An- und Abreise von jeweils zwei Tagen auf sich genommen, um eine Woche in Dortmund zu verbringen. Da in Schytomyr wie in weiten Teilen der Ukraine regelmäßig Luftalarm ertönt, teils mehrmals am Tag und auch nachts, ist das Leben der Einwohner*innen seit Kriegsbeginn auf den Kopf gestellt. Aus diesem Grunde wurden ausgewählte Kinder aus Schytomyr eingeladen, in Dortmund eine Auszeit vom Krieg zu erleben.
Vom Ausbildungszentrum bis zum Zoo
Für diesen Aufenthalt organisierte das Team Internationale Beziehungen der Stadt Dortmund ein vielfältiges Programm. Neben einer Erkundungstour durch die Stadt und einem Besuch bei Phoenix des Lumières standen der Dortmunder Zoo, die DASA und das Ausbildungszentrum der Feuerwehr Dortmund auf dem Plan. Alle Teilnehmenden nutzten zudem die Gelegenheit, auf dem Phoenix-See segeln zu gehen. Der BVB ermöglichte den Gästen den Besuch des Heimspiels gegen den FC St. Pauli. Am Tag darauf konnten die Kinder bei der BVB-Fußballakademie unter Anleitung eines professionellen Trainers selbst ihr Können unter Beweis stellen.
Auch die Begegnung mit Dortmunder Jugendlichen kam nicht zu kurz. So verbrachten die Gäste aus Schytomyr einen abwechslungsreichen Nachmittag in der Jugendfreizeitstätte in Hombruch. Darüber hinaus erfolgte eine Fahrt mit der Jugendfreizeitstätte Westerfilde in den Movie Park nach Bottrop. Auch wurde ein Tag des ukrainischen Tanzstudios Art Time mit weiteren ukrainischen Kindern, die in Dortmund leben, veranstaltet. Bei einem Empfang im Rathaus durch Bürgermeisterin Barbara Brunsing sprachen die Kinder ihren Dank für die Gastfreundschaft aus.
Gemeinsame Sorge um die Väter
Die Kinder eint die Sorge um ihre Väter. Denn diese befinden sich aktuell in russischer Gefangenschaft oder gelten als vermisst. Zwei der Besucherinnen erhielten unmittelbar vor der Abfahrt nach Dortmund die Nachricht, dass ihre Väter im Krieg getötet wurden. Nach der Rückkehr aus Dortmund finden die Beerdigungen statt.
Die Einladung an die Kinder, die besonders von den Auswirkungen des Krieges betroffen sind, wurde im Zuge einer Delegationsreise im vergangenen Juni in Schytomyr ausgesprochen. Bislang bezieht sich die staatliche Unterstützung dort auf Familien, in denen ein Elternteil kriegsbedingt verstorben ist. Bei der Auswahl der Kinder für die Reise nach Dortmund wurde erstmals eine Bestandsaufnahme gemacht, in welchen Familien ein Elternteil in Gefangenschaft ist oder vermisst wird. Dies könnte zukünftig die Grundlage für eine Unterstützung auch dieser Familien bilden.
Ein Stückchen Kindheit
Kateryna Kravchenko begleitete ihre Tochter Daria auf der Reise und war auch als Betreuerin für die anderen Kinder vor Ort. Sie sagte zu ihrer persönlichen Situation: „Unseren Töchtern und Söhnen wird durch den sinnlosen Angriffskrieg die Kindheit gestohlen. Die Situation für uns Mütter wird zu der ohnehin schon schwierigen Lage immer schwerer. Deshalb ist es sehr schön für mich zu sehen, dass unsere Kinder in Dortmund eine tolle Auszeit vom Krieg haben und sie zumindest für eine Woche die Kindheit haben können, die sie verdienen. Wir sind sehr dankbar dafür, dass die Augen der Kinder hier vor Freude strahlen können. Nach nur wenigen Tagen sind sie schon viel offener und fröhlicher geworden.“
Der Plan, den Kindern eine Pause vom Kriegsalltag zu ermöglichen, ist also aufgegangen. Der zwölfjährige Dmytro war besonders vom Fußballprogramm beeindruckt: „Ich möchte gerne wieder nach Dortmund kommen. Wir erleben so viele tolle Sachen, am meisten Spaß hat mir der Stadionbesuch und das Fußballspielen bei der Fußballakademie gemacht. Vor dem Krieg habe ich auch zu Hause gespielt, musste dann aber aufhören. Jetzt will ich auf jeden Fall wieder anfangen mit dem Fußball.“
Städtepartnerschaft ab 2025 offiziell
Die offizielle Städtepartnerschaft wird voraussichtlich bis Sommer 2025 eingegangen. Viele Hilfslieferungen sind bereits erfolgt. Hinzu kommen unter anderem noch ein Kanalreinigungsfahrzeug und zwei Mensaküchen.
Fabian Zeuch, der die Partnerschaft mit Schytomyr für die Stadt Dortmund koordiniert, berichtet: „Das Leid der Menschen vor Ort ist unverändert hoch. Die russischen Angriffswellen sind wieder intensiver geworden. So gab es in der vergangenen Woche mit 14 Stunden den längsten Luftalarm seit Kriegsbeginn. Die Menschen sind extremen Belastungen ausgesetzt, wobei der Winter aufgrund möglicher Versorgungsausfälle nach Einschlägen auch immer eine besondere Herausforderung darstellt. Wir unterstützen Schytomyr daher weiterhin so gut es geht, damit wir einen Teil dazu beitragen können, dass die kommunale Infrastruktur vor Ort aufrechterhalten werden kann. Eine ganze Generation wird unberechtigt um eine sorgenfreie Kindheit beraubt, sodass ich mich freue, dass wir unseren jungen Freund*innen zumindest ein paar Tage Unbeschwertheit schenken konnten.“
Schytomyr liegt circa 120 Kilometer westlich von Kiew und hat rund 260.000 Einwohner*innen. Nach Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine am 24. Februar 2022 hat der Rat der Stadt Dortmund den Krieg verurteilt, sich mit der Ukraine solidarisch gezeigt und die Verwaltung damit beauftragt, eine ukrainische Städtepartnerschaft zu gründen.
Diesem Auftrag ist das Team für Internationale Beziehungen nachgekommen, sodass sich beide Städte aktuell in einer Solidaritätspartnerschaft befinden. Perspektivisch soll diese im Jahr 2025 in eine formale Städtepartnerschaft übergehen.
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