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Umwelt & Natur

Schilfeule, Schwanenblume und Uferschwalben im Emscher-Gebiet entdeckt

Flora und Fauna in und an der Emscher unter der Lupe: Emschergenossenschaft und NABU NRW luden zum dritten „Tag der lebendigen Emscher“ an den Hof Emscher-Auen an der Stadtgrenze Castrop-Rauxel/Dortmund ein. Rund 930 Arten wurden von Forscher*innen am „Tag der lebendigen Emscher“ am Hof Emscher-Auen gezählt.

Am letzten Juni-Wochenende untersuchten Forscher*innen die biologische Vielfalt der Hochwasserrückhaltebecken in Dortmund-Mengede und Dortmund-Ellinghausen. Die Auswertung zeigt nun Erfreuliches: Insgesamt wurden rund 930 Tier- und Pflanzenarten kartiert.

Die Vielzahl teils seltener Arten zeigt eindrucksvoll, welchen Mehrwert Hochwasserrückhalteräume für die Natur bieten können! Der Aktionstag fand 2023 zum ersten Mal statt, damals wurden die Lebensgemeinschaften der neuen Emscher-Mündung in Dinslaken untersucht – im vergangenen Jahr nahmen die Artenkenner*innen die Emscher-Aue im Natur- und Wasser-Erlebnispark unter die Lupe.

Überschwemmungsfläche wird zum Biotop

Am Uferrand des Flusses Emscher stehen drei Personen und schauen ins Wasser.
Bild: Bande für Gestaltung / EGLV
Jede Tier- und Pflanzenart hat ganz verschiedene Bedürfnisse und Anforderungen an ihren Lebensraum. Manche Arten leben im Wasser, manche mögen lieber die Auenbereiche der Gewässer, die nur zeitweise unter Wasser stehen. Die Forschenden begaben sich daher nicht nur an, sondern auch ins Wasser, um möglichst viele Arten ausfindig zu machen.
Bild: Bande für Gestaltung / EGLV

Das Hochwasserrückhaltebecken (HRB) Emscher-Auen bildet im Verbund mit dem HRB Ellinghausen im Hochwasserfall nicht nur Rückhalteflächen für 1,6 Millionen Kubikmeter Wasser, sondern ist auch für viele Tier- und Pflanzenarten ein wichtiger Lebensraum. Artenkenner*innen der Universität Duisburg-Essen, des Fischereiverbandes Westfalen und Lippe e.V., der zuständigen Biostationen, der NABU-Ortsverbände, des NABU NRW, der Emschergenossenschaft und zahlreiche weitere ehrenamtliche Forschende haben über 24 Stunden die unterschiedlichsten Artengruppen unter die Lupe genommen. Auch bei Temperaturen von über 30 Grad erfassten die rund 60 Forschenden am Tag und in der Nacht zahlreiche Tiergruppen.

Besonders im Fokus standen seltene Arten, die in den neuen Auen einen Lebensraum finden – so wie die wärmeliebende und im Sand nistende Wespe Prionyx kirbii, die offenbar von den klimatischen Veränderungen profitiert und auf den sandigen Böschungen erstmals in dieser Region gesichtet wurde. Gemeinsam mit knapp 50 Wildbienen- und Wespenarten bewohnt sie nun die neuen Hochwasserrückhalteräume. Darunter befinden sich auch die gefährdeten Arten Matte Natternkopf-Mauerbiene (Hoplitis anthocopoides) und die Vierbindige Furchenbiene (Halictus quadricinctus).

Ein Mosaik der Artenvielfalt

Das Team registrierte 160 Schmetterlingsarten. Neben dem unverkennbaren Schwalbenschwanz (Papilio machaon) auf den blütenreichen Böschungswiesen wurden auch weniger auffällige Arten wie die in NRW als „vom Aussterben bedroht“ eingestufte Schmalflügelige Schilfeule (Chilodes maritima) und die gefährdete Schilf-Graseule (Leucania obsoleta) entdeckt. Auch der stark gefährdete Vogel Wasserralle (Rallus aquaticus) ließ sich in den dichten Schilfzonen beobachten – eine seltene Gelegenheit. Die Wiesenbrüter Kiebitz (Vanellus vanellus) und die in lehmigen Steilwänden nistende Uferschwalbe (Riparia riparia), beides Arten mit hohem Schutzstatus, nutzen die neu entstandenen Auenstrukturen wieder als Nahrungs- und Bruthabitate.

Bei den Käfern meldeten die Artenkenner*innen unter anderem den Fund des in NRW gefährdeten Schlammufer-Ahlenläufers (Bembidion quadripustulatum) – ein Bewohner der gewässernahen Schlamm- und Sandbänke im Auenbereich. Auch der Auen-Glanzflachläufer (Agonum versutum) ist in NRW selten geworden. Er profitiert vor allem von den feuchten, naturnahen und von Röhricht geprägten Standorten. Insgesamt wurden fast 60 Käferarten nachgewiesen, ein Drittel davon Laufkäfer.

Besonders erfreulich sind auch die Funde verschiedener Fischarten, etwa Rotfeder und Dreistachliger Stichling. Sie zeigen, dass sich die Verbesserung der Gewässergüte und die ökologische Anbindung der Emscher an den Rhein auszahlt.

Wiesen, Schilf, Wasser: Lebensraum für Pflanzen und Tiere

Eine Frau steht im Wasser und bückt sich. Sie hat eine Kamera dabei.
Bild: Bande für Gestaltung / EGLV
Rund 60 Forschende untersuchten die Flora und Fauna am Tag der lebendigen Emscher in und an den Hochwasserrückhaltebecken in Dortmund-Mengede und Dortmund-Ellinghausen.
Bild: Bande für Gestaltung / EGLV

Auch auf botanischer Seite gibt es Grund zur Freude: Über 350 Pflanzenarten wurden erfasst, darunter die seltene Schwanenblume (Butomus umbellatus) und die Borstige Moorbinse (Isolepis setacea). Diese Arten zeigen, dass sich die neu geschaffenen Auenflächen zu wichtigen Rückzugsorten für auentypische Flora im Ruhrgebiet entwickeln.

Einige Herausforderungen bleiben dennoch bestehen: Invasive Neophyten wie die Riesen-Goldrute (Solidago gigantea) sowie die nicht heimischen Nutrias (Myocastor coypus) können die empfindlichen Biotope stellenweise gefährden. Dennoch überwiegt die positive Bilanz.

Hochwasserschutz und Naherholung im Einklang mit der Natur

Ein Frosch schwimmt im Wasser.
Bild: Bande für Gestaltung / EGLV
Neben den rund 390 Insektenarten, wurden unter anderem auch unterschiedliche Amphibienarten, Fische und Krebstiere erfasst.
Bild: Bande für Gestaltung / EGLV

Die Ergebnisse des Aktionstags sind ein Beleg dafür, dass die Vorteile naturbasierter Hochwasserrückhalteräume sogar über den Schutz vor Überflutung hinausgehen können: Richtig umgesetzt können sie sich zu Lebensräumen von überregionaler Bedeutung entwickeln. So kann die Verbindung von technischem Hochwasserschutz und naturnaher Entwicklung eine geeignete Antwort auf den Klimawandel und die Gefährdung der biologischen Vielfalt.

Auch nach dem Aktionswochenende zum „Tag der lebendigen Emscher“ können engagierte Bürger*innen ihre Tier- und Pflanzenentdeckungen mit den Forschenden des NABU und der Emschergenossenschaft teilen. Mit der App „NABU-Naturgucker.de“ können Spaziergänger*innen und Radfahrende eigene Artenerfassungen durchführen und die Daten so für weitere Auswertungen zur Verfügung stellen. Die Emschergenossenschaft bittet jedoch auf den ausgewiesenen Wegen zu bleiben und unnötige Störungen durch freilaufende Hunde zu vermeiden, um Flora und Fauna zu schützen – vor allem auf den Böschungswiesen und in den sensiblen Schilfröhrichten.

Naturnahe Retentionsräume als Trittsteine im Ruhrgebiet

Die vielfältige Struktur der Auen – mit flachen Tümpeln, offenen Sandflächen, Röhrichten und extensiv gepflegten Wiesen – schafft ein Mosaik aus Lebensräumen. Die Hochwasserrückhalteräume sind heute Trittsteine für die Natur im verdichteten Siedlungsraum Ruhrgebiet – und ein Beispiel dafür, wie Mensch und Natur voneinander profitieren können.

Die Emschergenossenschaft

Am 14. Dezember 1899 als erster deutscher Wasserwirtschaftsverband gegründet, ist die Emschergenossenschaft heute gemeinsam mit dem 1926 gegründeten Lippeverband Deutschlands größter Betreiber von Kläranlagen und Pumpwerken. Die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Unternehmens sind die Abwasserentsorgung, der Hochwasserschutz sowie die Klimafolgenanpassung. Ihr bekanntestes Projekt ist der Emscher-Umbau (1992-2021), bei dem die Emschergenossenschaft im Herzen des Ruhrgebietes eine moderne Abwasserinfrastruktur baute. Dafür wurden 436 Kilometer an neuen unterirdischen Abwasserkanälen verlegt und vier Großkläranlagen gebaut. Rund 340 Kilometer an Gewässern werden insgesamt renaturiert. Parallel entstanden über 130 Kilometer an Rad- und Fußwegen, die das neue blaugrüne Leben an der Emscher und ihren Nebenläufen erleb- und erfahrbar machen.

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